Groentopia

Die Sommerausstellung 2018 nennt sich GROENTOPIA („groen“ = Flämisch „grün“). Die Foundation ist – dank der kürzlich installierten 4’000 Sonnenkollektoren auf ihrem Dach – das erste Museum der Welt, das seinen Energieverbrauch vollständig autark bestreiten kann. Anlass genug, Werke von 21 Künstlerinnen rund um das Thema Energie zur Diskussion zu stellen. Das Schweizer Künstlerduo Christina Hemauer & Roman Keller, das sich völlig dem Thema Ökologie verschrieben hat, ist gleich mit mehreren Arbeiten vertreten. Hemauer & Keller bedienen sich verschiedener Medien und Herangehensweisen,

aber ihre gelungensten Auseinandersetzungen sind historische Erkundungen, die ganz von ihrem Gegenstand leben. In dem Dokumentarfilm A Road Not Taken (2010) und der Installation No1 Sun Engine (2008-09; in der Ausstellung ist die Dokumentation derselben zu sehen) exhumieren und analysieren sie Geschichten des Scheiterns bzw. der verpassten Chancen. No1 Sun Engine rekonstruiert das erste Solarkraftwerk der Welt, das 1913 in Maadi bei Kairo eröffnet wurde. Die Anlage funktionierte bestens und war sehr kosteneffizient, dennoch wurde sie mit Beginn des Ersten Weltkriegs ein Jahr später eingestellt: Der Krieg forcierte den Siegeszug des Erdöls. Ist es in No1 Sun Engine ein ökonomisches Motiv, so haben wir es in A Road Not Taken mit einem handfesten politischen Statement zu tun: 1979 ließ Jimmy Carter Sonnenkollektoren auf dem Dach des Weißen Hauses installieren, die von seinem Nachfolger Ronald Reagan 1986 postwendend wieder abmontiert wurden – ein symbolischer Akt Hemauer & Keller zufolge. Wie aktuell diese Episode 2018 ist, konnten die Künstlerinnen nicht vorhersehen: Acht Jahre nach Fertigstellung des Films sind wir wieder mit einem amerikanischen Präsidenten konfrontiert, der konsequent die Errungenschaften seines Vorgängers abbaut – in der Klimapolitik ebenso wie in anderen Bereichen.

Einer der Ausgangspunkte von GROENTOPIA ist die Frage: Welche Opfer sind wir bereit zu bringen, um den Klimawandel unter Kontrolle zu bekommen? Mit dieser wachstumsskeptischen und kapitalismuskritischen Annäherung landet man fast automatisch bei Gustav Metzger, der wohl einer der Ersten war, der das Thema Ökologie für den künstlerischen Diskurs reklamierte.

Sylvia Szely, springerin, 3/2018, S. 63

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Groentopia
29.4. – 28.10.2018

Verbeke Foundation
Westakker 1
Kemzeke, Belgien
Do – So: 11 bis 18 h